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lecture: Netzpolitik in Österreich

Ein Jahresrückblick aus dem Land der Datenberge

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Die Netzpolitik der österreichischen Bundesregierung hat sich im Jahr 2016 nicht besser dargestellt als die Jahre davor: Neue Überwachungsgesetze, (bislang erfolgreich verhinderte) Versuche eine staatliche Spionagesoftware (Bundestrojaner) einzuführen, der ewige Kampf um ein Transparenzgesetz, eine scheinheilige Simulation demokratischer Partizipation und das totglaubte E-Voting sind brennende Themen und bedürfen einer breiten gesellschaftlichen Diskussion. Der AKVorrat zeigt in einem netzpolitischen Jahresrückblick, was wir dagegen tun können und zeigt, dass Zivilgesellschaft wirkt.

Polizeiliches Staatsschutzgesetz beschlossen, Gesetzesvorlage für die Legalisierung einer Überwachungssoftware (Bundestrojaner) eingebracht, weitreichende Überwachungsmaßnahmen neuerdings schon bei Verwaltungsübertretungen möglich etc. – die Liste der datenschutzrechtlichen und netzpolitischen Problemfälle in Österreich ist lang. Das Arbeitspensum für Aktivistinnen und Aktivisten in Österreich steigt.

Auch für zivilgesellschaftliche Initiativen gilt, dass Politik das Bohren harter Bretter bedeutet. Mit einer wohldosierten Mischung aus juristischer und technischer Expertise sowie Aktionismus konnten 2016 ein paar sehr tiefe Löcher in die offizielle unausgewogene Netzpolitik Österreichs gebohrt werden.

Herzstück der Aktivitäten des abgelaufenen Jahres war HEAT, das Handbuch zur Evaluation der Anti-Terror-Gesetze in Österreich.

Das Ausmaß der staatlichen Eingriffe in unsere Privatsphäre und in die informationelle Selbstbestimmung lässt sich nur durch die Betrachtung der Summe aller Eingriffe richtig erfassen. Diese wichtige Erkenntnis der Notwendigkeit einer „Überwachungs-Gesamtrechnung“ wurde erstmals vom deutschen Bundesverfassungsgericht im Urteil zur Aufhebung der deutschen Vorratsdatenspeicherung im März 2010 formuliert. HEAT listet alle Überwachungsgesetze Österreichs auf, kombiniert dies mit einer Aufarbeitung der relevanten Judikatur, einer Erhebung der für Sicherheitsbehörden verfügbaren sowie der tatsächlich eingesetzten Technologien und schließlich einer ersten groben Technikfolgenabschätzung. In den Schlussfolgerungen wird daraus ein Kriterienkatalog für eine Evaluation aller Anti-Terror-Gesetze abgeleitet. Dieses „Pflichtenheft“ soll staatlichen und zivilen Organisationen helfen, überschießende und damit potentiell verfassungswidrige Überwachungsbefugnisse zu identifizieren. Mit HEAT liegt erstmals eine Anleitung vor, wie bestehende und zukünftige Gesetze mit allgemein anerkannten Grundrechten in Einklang gebracht werden können. Diese ist allgemein anwendbar und nicht nur für Österreich.

HEAT ist auch die Grundlage für eine sogenannte Drittelbeschwerde, die von einem Drittel der Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat gegen das Polizeiliche Staatsschutzgesetz beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof eingebracht wurde.


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