29C3 - Version 1.9
Referenten | |
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Hans Huett |
Programm | |
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Tag | Day 3 - 2012-12-29 |
Raum | Saal 6 |
Beginn | 12:45 |
Dauer | 00:30 |
Info | |
ID | 5378 |
Veranstaltungstyp | Vortrag |
Sprache der Veranstaltung | deutsch |
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Stabilitätsanker & Wachstumslokomotive
Stabilitätsanker & Wachstumslokomotive geben als politische Metaphern ungewollt Auskunft über das Ausmaß der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise. Wie kommt so ein Begriff in Verkehr? Wer gebraucht ihn? Zu welchem Zweck? Was fördert die Analyse der Metaphern zutage?
Im Juni 2011 importierten Bundesverteidigungsminister de Maizière und Bundesbankpräsident Weidmann fast zeitgleich den "Stabilitätsanker" in die politische Sprache. Der eine wollte die Lieferung von Leopard-Panzern an Saudi-Arabien rechtfertigen: Saudi-Arabien sei ein regionaler Stabilitätsanker (wenige Wochen nach der Niederschlagung der Revolte in Bahrein durch saudische Truppen). Der andere wollte die besondere Rolle der Zentralbanken beschreiben.
Beide übersahen, woher der solide Begriff stammt: aus Landesbauordnungen. Zur Absicherung "fliegender Bauten" wie z. B. Karussells oder Achterbahnen braucht man ein Gegengewicht in der "Totmanngrube".
Die Metapher scheint unbewusst genau die Sachverhalte zu beschreiben, die die politischen Sprecher zu bemänteln versuchen: die Unwuchten und Legitimationsdefizite sowie die Volatilität der Situationen, in denen sie agieren. Gleicht die Nervosität der Finanzmärkte nicht einer Achterbahn, und ist die Sicherheitslage im Mittleren Osten überhaupt noch mit Begriffen der Stabilität angemessen zu beschreiben?
Ich möchte die Geschichte und Verwendung der beiden Begriffe in meinem Vortrag beleuchten. Zwischen Juni 2011 und Oktober 2012 hat ein Google Alert den Stabilitätsanker unter Überwachung gestellt: Über 150 weitere Institutionen aus Politik und Wirtschaft bezeichnen sich im Vertrauen auf die Solidität des Begriffs als "Stabilitätsanker".